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Ferrari feiert seinen 70er

Wieso sind Ferrari rot? fragte ich einmal Luca di Montezemolo. „Weil auch unser Blut rot ist. Und Blut bedeutet Leben, so wie auch Ferrari Leben bedeutet…“
Besser kann man den Zauber von Ferrari nicht  beschreiben.

Die  Marke Ferrari feiert heuer den 70. Geburtstag weil die Rennpremiere eines Ferrari-Rennwagens am 11. Mai 1947 in Piacenza stattfand. Und wenn man heute den Mythos Ferrari zu erklären versucht, dann muss man sich mit jenem Mann beschäftigen, von dem dieser Mythos seinen Ursprung nahm. Es gibt viele große Namen in der Geschichte des Automobils: Gottlieb Daimler, Carl Benz, Bentley, Rolls, Ettore Bugatti, Ferdinand Porsche, Henry Ford. Doch ein Name überstrahlt sie alle – immer noch: Enzo Ferrari.
Als Enzo Ferrari an einem Februartag des Jahres 1898 geboren wurde, steckte das Auto in den Kinderschuhen. Als er fünf war, erhoben sich die Gebrüder Wright zum ersten Motorflug. Enzo erlebte zwei Weltkriege, die Landung auf dem Mond, er war schon ein stattlicher Mann als der Stummfilm vom Tonfilm abgelöst wurde. Er wollte Opernsänger werden und wurde Rennfahrer. Vielleicht sollte man eines klar stellen: Enzo Ferrari war kein Konstrukteur, der sich ans Reißbrett stellte. Er ließ konstruieren.
Zwischen den beiden Kriegen, genauer zwischen 1929 und 1938 setzte seine Scuderia Ferrari für Alfa Romeo die Rennwagen ein. Dann trennte er sich im Streit von Alfa und ging seine eigenen Wege. Niemand hätte gedacht welchen Aufstieg diese Marke nehmen würde, die ein springendes, schwarzes Pferd auf gelbem Grund als Wappen führte. Das Wappentier hatte Enzo von dem Jagdflieger Francesco Baracca aus dem ersten Weltkrieg übernommen. Und Gelb war die Farbe von Modena. Der italienische Jagdflieger war ein Held. Er hatte 15 Österreicher abgeschossen. Aber das hat die Beziehungen von Enzo Ferrari zu Niki Lauda und Gerhard Berger nie wirklich belastet…
Es waren immer wieder die Sternstunden und Katastrophen die den Ferrari-Mythos nährten. Und es war „vor allem Enzo selber, der zu diesem Mythos den entscheidenden Beitrag leistete“, wie Niki Lauda überzeugt ist.
Könige, Fürsten, Filmstars, Sportler, Playboys, Gauner und Industrielle wurden von der Aura der Ferrari-Sportwagen in den Bann gezogen. Geduckte, meist rote Biester, mit laut röhrenden Zwölfzylindermotoren. Zu einer Zeit, wo ein normaler PKW 130 km/h Spitze lief, konnte man sich mit einem Ferrari mühelos auf 230 km/h schießen. Jahrelang bestritt Ferrari nicht nur Formel 1 Grand Prixs, sondern auch alle Sportwagen-Rennen um die Marken-WM. Ferrari wurde zur Radnabe des Autorennsports. Wer  für Ferrari fuhr, war ein Held. Die besten ihrer Zeit fuhren und starben in einem Ferrari: Musso Castellotti, und Alfonso de Portago, der bei der Mille Miglia 1957 von der Straße abkam, es gab 11 Tote und 20 Schwerverletzte. Das Vatikan-Blatt „Osservatore Romano“ bezeichnete Enzo Ferrari „als Industrie-Saturn, der weiterhin seine eigenen Söhne verschlingt…“  Enzo Ferrari wurde nach der Mille Miglia Katastrophe der Pass abgenommen. Er war zu stolz, um ihn jemals zurück zu fordern.
Der Verschleiß an Menschen war bei Ferrari immer sehr hoch. Der Commendatore brachte sie so weit, dass sie auf dem Ferrari-Altar alles opferten, die Fahrer mitunter ihr Leben. Er baute Druck auf, manipulierte sie, spielte sie gegeneinander aus.
Phil Hill erinnerte sich an die verhängnisvolle Saison 1961, in der Ferrari ein überlegendes Auto produzierte: „Wolfgang Trips und ich gingen zum Alten und sagten, was wir machen sind Selbstmordversuche. Wir werden uns gegenseitig umbringen, wenn Sie nicht einschreiten. Bestimmen Sie, wer von uns Weltmeister werden soll. Doch der Alte lachte nur und wie die Sache ausging ist Geschichte. Trips starb in Monza…“
Enzo Ferrari war ein Diktator. Hart wir Granit, unerbittlich. Und er hatte Erfolg mit dieser Masche. Er spielte  virtuos mit Menschen, Maschinen und Medien. Man nannte ihn den „Auto Papst“.
Nach dem WM-Titel im Jahre 1979 durch Jody Scheckter, kamen für  die Roten die Jahre der Dürre. Ferrari verschlief die wichtigsten Entwicklungen in der Formel 1, der Verschleiß an Menschen wurde immer größer.
Am 14. August 1988 starb Enzo Ferrari. Im November 1991 übernahm Luca die Montezemolo der Schleudersitz des Präsidenten. „Ferrari“ konstatierte Montezemolo, „ist ein Monster, wir müssen es zähmen und regierbar machen.“
Im Juli 1993 kam Jean Todt als neuer Rennstall-Direktor an Bord und strukturierte alles um. Erst als Michael Schumacher 1996 zu Ferrari stieß, waren die wilden Ferrari-Jahre zu Ende. In den Jahren 2000 bis 2004 wurde er fünf Mal Weltmeister, der Ferrari Mythos leuchtete so hell wie nie zuvor.
Der charismatische Luca di Montezemolo, von 1991 bis 2014 höchst erfolgreicher Ferrari Präsident, wurde 2014 von Konzernchef Sergio Marchionne abserviert.
Zu den 70 Jahr Feierlichkeiten in Monza, wurde Montezemolo nicht einmal eingeladen…
2016 verkaufte Ferrari 8.014 Autos, so viel wie nie zuvor.
Mit Sebastian Vettel will Ferrari an die Schumacher-Ära Anschluss finden. Noch steht Mercedes im Wege. Was aber den Mythos nicht beschädigen wird.

Helmut Zwickl
Helmut Zwickl

Kolumne Zündkerzen Helmut Zwickl berichtete von über 560 Formel 1 Grand Prix. Er fuhr mit Jochen Rindt nach Monaco, mit Fangio um den Nürburgring und flog mit Niki Lauda im Privat-Jet nach Longbeach. Er schrieb 16 Bücher über Motorsport und gründete 1993 zusammen mit Michael Glöckner die Ennstal-Classic.

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