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Wie Dominanz zerstört wird

Red Bull dominiert die Formel 1. Doch die Geschichte der Formel 1 zeigt, dass jede Dominanz irgendwann einmal ihr Ende hatte.

Dominanz erzeugt Siegesserien, die Gegner sind ratlos. Doch sie mobilisieren alle Kräfte, stellen sich neu auf, bis sie eines Tages vorne sind. Oft dauert das Jahre.

McLaren war das Team, das zwischen 1984 und 1991 in der Formel 1 die Latte legte, mit Lauda, Prost und Senna. Williams machte 1987 Nelson Piquet, 1992 Nigel Mansell, und 1993 Alain Prost zum Weltmeister.

1988 hatte McLaren sich das Saisonziel gesetzt, alle 16 Rennen zu gewinnen. Als Ayrton Senna in Monza mit dem Williams-Pilot Schlesser, den er überrunden wollte, kollidierte und von der Piste flog, hatte McLaren dieses Ziel verfehlt. Was McLaren-Honda mit Senna und Prost bis dato produzierten, war so einmalig, dass zum Gewöhnungseffekt längst der Lähmungseffekt hinzu gekommen war. Jedes neue Rennen war nur noch die Kopie des vergangenen. Dazu kam, dass weder McLaren noch die Piloten, noch die an der Siegesserie beteiligten Japaner, ihre Triumphe in jenes Seidenpapier der Sympathie zu hüllen verstanden, mit der man sich Freunde schafft.

McLaren-Honda beherrschte damals die Formel 1. Nicht allein, weil sie so gut waren, sondern weil Ferrari besonders schlecht war. Die alte Ferrari-Ära, mit ihrem Mythos, ihren Intrigen, war für McLaren-Boss Ron Dennis eine große Hilfe. Gegen sein Formel 1-trainiertes Gehirn musste das archaische Ferrari-Management, gewissermaßen aus einer Gruft kommend, wo es kein Know How und keine Initiative mehr gab, rettungslos scheitern.

Es dauerte elf Jahre, bevor Ferrari das Kommando in der Formel 1 übernahm. Ross Brawn, bei Benetton in den Jahren 1994 und 1995 der Architekt der WM-Titel von Michael Schumacher, folgte Ende 1996 Schumi zu Ferrari und er rekrutierte unter der Rennstallführung von Jean Todt ein wahres Wunderteam, das von 1999 bis 2004 unschlagbar war. Schumi wurde von 2000 bis 2004 fünf Mal in Folge Fahrerweltmeister, Ferrari wurde sechs mal in Folge Konstrukteur-Weltmeister.

Es war die Zeit, in der Ferrari die Formel 1 kaputt siegte. Frank Williams artikulierte, was die ganze Szene befürchtete: «Noch ein Jahr mit Ferrari einsam an der Spitze, das hält der Sport nicht aus.»

In dieser Saison 2004 hatte McLaren und Mercedes die Ferrari-Dominanz brechen wollen, aber durch schwere Managementfehler in der Dreiecksbeziehung McLaren-Mercedes und Motorenhersteller Ilmor machte man Ferrari zum Dauersieger.

«Es sind die Egos der Formel 1-Menschen, die in Wahrheit das Wettrüsten beeinflussen» sagte Martin Whitmarsh, der bei McLaren zum Grossreinemachen auserkoren wurde.

Immer wieder waren es geniale Geistesblitze in den Grauzonen des Reglements, mit denen sich die Teams eine kurzfristige Dominanz sicherten, bis sie verboten wurden. Als Mercedes-Ilmor für seine Motoren das Erdalkalimetall Beryllium weltexklusiv verwendete, lief Ferrari so lange Sturm, bis es die FIA «aus gesundheitsschädlichen Gründen bei der Bearbeitung« verboten hat.

Das Brawn-Team sicherte sich mit dem doppelten Diffusor eine halbe Saison einen großen Vorteil, bis die Konkurrenz ihn kopierte. Jetzt hat die FIA den «blown Diffusor» ab Silverstone verboten, den Red Bull in Zusammenarbeit mit Renault entwickelt hatte. Dabei ist die Motorenelektronik derart programmiert, das auch beim Gaswegnehmen der Auspuffstrahl nicht abreißt und seine Sogwirkung die Aerodynamik zur Abtriebserzeugung unterstützt.

Red Bull könnte dadurch seine Dominanz einbüßen.

Und genau das wünscht sich die Konkurrenz.

Helmut Zwickl
Helmut Zwickl

Kolumne Zündkerzen Helmut Zwickl berichtete von über 560 Formel 1 Grand Prix. Er fuhr mit Jochen Rindt nach Monaco, mit Fangio um den Nürburgring und flog mit Niki Lauda im Privat-Jet nach Longbeach. Er schrieb 16 Bücher über Motorsport und gründete 1993 zusammen mit Michael Glöckner die Ennstal-Classic.

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