Zum Inhalt springen

Dr. Gunther Philipp wäre am 8. Juni 100 geworden!

Meine erste Begegnung hatte ich 1959 beim Fahrerlehrgang auf dem Reifenprüfgelände in Kottingbrunn. Ich war mit dem VW-Käfer meines Vaters mit dabei, Dr. Gunther Philipp war mit seinem weißen Mercedes 300SL Roadster der große Star. Als er umringt von Autogramm-Jägern im Cockpit saß, bin ich zu ihm hin, und stellte mich vor: «Herr Philipp, ich bin der Helmut Zwickl, Sie kennen meinen Vater, er ist der Zwickl vom Komikerduo Wondra & Zwickl. Ich hätte eine Bitte: «würden Sie mich eine Runde im 300SL mitnehmen? »Seine Antwort: «Hupf eine Bua!»

Der 300SL war natürlich eine andere Liga als mein Käfer und ich war vor Begeisterung völlig außer mir. Seit damals war der Gunther mein Idol und ich war bei den Rennen immer an seiner Seite, aber das Schreiben über ihn war nicht immer ganz leicht, denn er pflegte oft genug unter einem «Pseudonym» zu fahren, um mit seiner Filmfirma nicht vertragsbrüchig zu werden. Aber für so einen Mann konnte kein Pseudonym der Welt zu einer Tarnkappe werden. Montag stand meist in den Zeitungen: «Der unter dem Pseudonym «Giulio Pavesi» startende Filmkomiker Gunther Philipp wurde Sieger der großen GT-Klasse…» In den 60er Jahren war er mehr als ein bunter Farbtupfen in der Rennsportszene. Er war einer der letzten Herrenfahrer, deren Aussterben sich schon abzeichnete, als das große Geld und das Profitum eine neue Rennsport-Rasse erzeugte.

Gunther Philipp war schon vor dem Krieg Rekordhalter im Brustschwimmen, 1960 gründete er zusammen mit Curd Barry und Rolf Markl die «Ecurie Vienne», er wurde dreimal Automobilstaatsmeister: 1961 auf Mercedes 300 SL, 1962 auf Ferrari 250GT und 1963 auf Ferrari GTO. Den GTO kaufte er von Stirling Moss und er hat sich zeitlebens geärgert, dass er dieses Auto um «lächerliche 70.000 Mark verschenkt hat». Als sich Moss und Gunther bei der Ennstal-Classic trafen, kamen beide zu dem Schluss: «Wir hätten ihn nicht verkaufen sollen…» Dabei haben sie damals noch gar nicht gewusst, dass ihre Chassisnummer 3505 bei einer Auktion im Jahre 2012 für 35 Millionen Dollar den Besitzer wechseln wird!

Dr. Philipp wurde 1918 im rumänischen Transsilvanien geboren. Er promovierte zum Doktor der Medizin, war Landarzt, vier Jahre Arzt an der Wiener Universitätsklinik für Neurologie und Psychiatrie, war Kabarettist, Theaterstar und Drehbuchautor. In rund 150 Filmen erlangte er in der Nachkriegszeit – heute würde man sagen – als «Comedian» –  eine ungeheure Popularität. Als Jochen Rindt starb, wurde er Präsentator der TV-Motorsendung «Motorama». Dr. Philipp, der in Wahrheit Gunther Plachetta hieß, war ein Universal-Genie mit einem Verhältnis zu Autos, «das stets ein sehr erotisches war». Als er bei einer der ersten Ennstal-Classic die Siegerehrung moderierte, war das für Michael Glöckner und mir eine Sternstunde. Dr. Gunther Philipp starb am 2. Oktober 2003, am 8. Juni wäre er 100 Jahre alt geworden.

Helmut Zwickl
Helmut Zwickl

Kolumne Zündkerzen Helmut Zwickl berichtete von über 560 Formel 1 Grand Prix. Er fuhr mit Jochen Rindt nach Monaco, mit Fangio um den Nürburgring und flog mit Niki Lauda im Privat-Jet nach Longbeach. Er schrieb 16 Bücher über Motorsport und gründete 1993 zusammen mit Michael Glöckner die Ennstal-Classic.

Sidebar